Zusammenfassung des Urteils BEZ.2016.43 (AG.2016.776): Appellationsgericht
Die A____ GmbH in Liquidation hat Beschwerde gegen die Konkurseröffnung eingereicht, die vom Zivilgerichtspräsidenten verfügt wurde. Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass sie zahlungsfähig sei und alle Schulden begleichen könne. Jedoch konnte sie ihre Zahlungsfähigkeit nicht glaubhaft machen, da sie laut Betreibungsregister noch offene Forderungen hatte. Das Appellationsgericht Basel-Stadt entschied, die Beschwerde abzuweisen, und die Beschwerdeführerin muss die Gerichtskosten von CHF 600.- tragen.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | BEZ.2016.43 (AG.2016.776) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 22.11.2016 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung nach Art. 166 SchKG |
Schlagwörter: | Konkurs; Betreibung; Zahlung; Zahlungsfähigkeit; Schuld; Forderung; Konkurseröffnung; SchKG; Basel-Stadt; Entscheid; Zivilgericht; Höhe; Forderungen; Rechtsmittel; Zivilgerichts; Anzeige; Schuldner; Zinsen; Gläubiger; Appellationsgericht; Konkursverhandlung; Handelsregister; Betreibungsamt; Voraussetzung; Auszug; Betreibungen |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 113 BGG ;Art. 166 KG ;Art. 168 KG ;Art. 174 KG ;Art. 42 BGG ; |
Referenz BGE: | 136 III 294; |
Kommentar: | - |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Dreiergericht |
BEZ.2016.43
ENTSCHEID
vom 22. November 2016
Mitwirkende
Dr. Olivier Steiner, Dr. Claudius Gelzer, lic. iur. André Equey
und Gerichtsschreiber lic. iur. Johannes Hermann
Parteien
A____ GmbH in Liquidation Beschwerdeführerin
[...] Schuldnerin
gegen
B____ Beschwerdegegnerin
[...] Gläubigerin
Gegenstand
Beschwerde gegen einen Entscheid des Zivilgerichtspräsidenten
vom 3. Oktober 2016
betreffend Konkurseröffnung nach Art. 166 SchKG
Sachverhalt
Die A____ GmbH (Schuldnerin) bezweckte gemäss Handelsregistereintrag die Führung eines Gastronomiebetriebs. Mit Entscheid vom 3. Oktober 2016 eröffnete der Zivilgerichtspräsident im Betreibungsverfahren Nr. [...] betreffend eine Forderung der B____ (Gläubigerin) den Konkurs über die A____ GmbH. Dagegen erhob die A____ GmbH in Liquidation am 12. Oktober 2016 Beschwerde beim Appellationsgericht. Sie beantragt darin sinngemäss die Aufhebung der Konkurseröffnung. Der Zivilgerichtspräsident liess sich mit Eingabe vom 22. Oktober 2016 vernehmen. Die Akten des Zivilgerichts und des Konkursamts Basel-Stadt wurden beigezogen. Der vorliegende Entscheid ist auf dem Zirkulationsweg ergangen. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie der weitere Sachverhalt ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.
Erwägungen
1.
Der Entscheid des Zivilgerichts betreffend Konkurseröffnung kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) angefochten werden (Art. 174 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [SchKG, SR 281.1]). Diese Frist hielt die Beschwerdeführerin ein. Auf die auch formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. Zuständig zum Entscheid über die Beschwerde ist das Appellationsgericht als Dreiergericht (§ 92 Abs. 1 Ziffer 6 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]).
2.
Als formellen Mangel rügt die Beschwerdeführerin sinngemäss, dass ihr die Konkursverhandlung nicht korrekt angezeigt worden sei. Sie habe daran nicht teilnehmen können, weil das Zivilgericht sie falsch kontaktiert habe. Sie habe dem Handelsregister ihre Adressänderung mitgeteilt. Der Registereintrag sei jedoch erst vor Kurzem aktualisiert worden (Beschwerde vom 12. Oktober 2016).
Mit Anzeige vom 2. September 2016 wurde den Parteien die Konkursverhandlung vom 19. September 2016 mitgeteilt. Die Anzeige wurde per Gerichtsurkunde an die damals im Handelsregister eingetragene Adresse der Beschwerdeführerin gesandt, von dieser jedoch während der Abholfrist nicht auf der Post abgeholt. Der Versuch vom 16. September 2016, die Anzeige persönlich durch einen Gerichtsweibel zuzustellen, blieb ebenfalls erfolglos. Daraufhin wurde den Parteien mit Anzeige vom 19. September 2016 die neu auf den 3. Oktober 2016 angesetzte Konkursverhandlung mitgeteilt. Der Beschwerdeführerin wurde die neue Anzeige per Gerichtsurkunde an die Privatadresse ihres Geschäftsführers gesandt und diesem am 26. September 2016 auf der Post gegen Unterschrift übergeben (vgl. Empfangsbestätigung in den Vorakten). Damit wurde die Konkursverhandlung vom 3. Oktober 2016 der Beschwerdeführerin korrekt angezeigt (vgl. Art. 168 SchKG). Ihre Rüge ist daher unbegründet.
3.
3.1 Die Rechtsmittelinstanz kann die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass inzwischen die Schuld, einschliesslich der Zinsen und Kosten, getilgt ist, der geschuldete Betrag bei der Rechtsmittelinstanz zuhanden des Gläubigers hinterlegt ist der Gläubiger auf die Durchführung des Konkurses verzichtet (Art. 174 Abs. 2 SchKG). Die erwähnten Voraussetzungen müssen innerhalb der Beschwerdefrist belegt sein (Giroud, in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2010, Art. 174 SchKG N 20; BGE 136 III 294 E. 3.2 S. 295, mit Hinweisen).
3.2 Die Beschwerdeführerin reichte zum Beweis, dass die Schuld, einschliesslich der Zinsen und Kosten, inzwischen getilgt ist, eine Abrechnung des Betreibungsamts vom 3. Oktober 2016 über die Zahlung einer Summe von CHF 623.65 an das Betreibungsamt und über Direktzahlungen von CHF 350.- ein (Forderung von CHF 788.25, zuzüglich Zinsen und Kosten; vgl. Beschwerdebeilagen). Aus dieser Urkunde geht hervor, dass die Beschwerdeführerin die von der Gläubigerin in Betreibung gesetzte Forderung, einschliesslich der Zinsen, beglichen hat. Ob auch alle Kosten des Konkursverfahrens, insbesondere die Kosten des erstinstanzlichen Konkursverfahrens, gedeckt worden sind, ist unklar. Die Frage kann jedoch offenbleiben, da die Beschwerdeführerin ihre Zahlungsfähigkeit nicht glaubhaft gemacht hat (vgl. E. 3.3 hiernach).
3.3
3.3.1 Die Voraussetzung der Zahlungsfähigkeit ist erfüllt, wenn der Schuldner über ausreichend Mittel verfügt, um zumindest alle fälligen Verpflichtungen zu tilgen (AGE BEZ.2014.31 vom 25. April 2014 E. 2.3.1). Dies setzt voraus, dass objektiv betrachtet liquide - das heisst aktuelle, tatsächlich verfügbare - Mittel vorhanden sind, mit denen fällige Forderungen beglichen werden können (Fritschi, Die Weiterziehung des Konkurserkenntnisses, in: BlSchK 2003, S. 57, 63; vgl. auch BGer 5A_912/2013 vom 18. Februar 2014 E. 3). Die Zahlungsfähigkeit muss nach dem Gesetzeswortlaut glaubhaft, das heisst mittels schlüssiger Belege ausreichend wahrscheinlich gemacht werden. Der wichtigste Beleg in diesem Zusammenhang ist der Auszug aus dem Betreibungsregister (BGer 5A_126/2010 vom 10. Juni 2010 E. 6.2; vgl. auch AGE BEZ.2014.31 vom 25. April 2014 E. 2.3.1). Die Zahlungsfähigkeit gemäss Art. 174 SchKG verlangt nicht nur die soeben dargelegte Fähigkeit, die fälligen Forderungen mit liquiden Mitteln zu tilgen (Zahlungsfähigkeit im engeren Sinn), sondern setzt auch die Lebensfähigkeit des schuldnerischen Betriebs voraus. Der Schuldner muss demgemäss im Zusammenhang mit den in Betreibung gesetzten fälligen Forderungen und den noch nicht fälligen Forderungen nachweisen, dass er imstande ist, seinen Zahlungsverpflichtungen in absehbarer Zeit nachzukommen, so dass die wirtschaftliche Lebensfähigkeit sichergestellt erscheint. Anders als bei der Zahlungsfähigkeit im engeren Sinn, die als Momentaufnahme nach der Liquidität fragt, geht es bei der Lebensfähigkeit Sanierungsfähigkeit des Betriebs um die Entwicklung über einen absehbaren künftigen Zeitraum (Fritschi, Verfahrensfragen bei der Konkurseröffnung, Diss. Zürich 2010, S. 332). Die nachträgliche Aufhebung der Konkurseröffnung muss ein wirtschaftlich sinnvoller Entscheid sein, was nur der Fall ist, wenn der schuldnerische Betrieb lebensfähig ist (vgl. Walder/Kull/Kottmann, in: Jaeger [Hrsg.], Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Auflage, Zürich 1997/99, Art. 174 SchKG N 10).
3.3.2 Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde zu ihrer Zahlungsfähigkeit aus, dass sie für ihr Geschäftslokal einen Nachmieter gesucht habe, welcher der A____ GmbH ihr Inventar abkaufe. Sie habe sich für diesen Schritt entschieden, damit sie alle Schulden begleichen könne und nicht Konkurs anmelden müsse. Sie könnte das Darlehen bei [C____] von rund CHF 42'000.- überschreiben und Betreibungen in der Höhe von ca. CHF 17'000.- tilgen. Sie habe sich sehr darum bemüht, die Schulden zurückzuzahlen, was nicht einfach gewesen sei. Ihr Geschäftsführer habe hierfür auch privat sehr viel investiert und fast zwei Jahre lang unentgeltlich gearbeitet. Ausserdem sei die Gesellschaft seit dem 1. September 2016 inaktiv und verursache keine Kosten mehr (Beschwerde vom 12. Oktober 2016).
3.3.3 Der von der Beschwerdeführerin eingereichte Auszug aus dem Betreibungsregister vom 12. Oktober 2016 umfasst acht unbezahlte Betreibungsforderungen in der Höhe von insgesamt CHF 7'275.05 (Code 102 - Zahlungsbefehl zugestellt, Code 207 - Konkursandrohung und Code 304 - Konkurseröffnung). Gemäss Auszug über die Betreibungen aus dem kantonalen Datenmarkt (bei den Vorakten) leistete die Beschwerdeführerin zwischenzeitlich für fünf unbezahlte Betreibungsforderungen, zuzüglich Zinsen und Kosten, eine Zahlung in der Höhe von CHF 5'694.60 an das Betreibungsamt. Damit verbleiben drei unbezahlte Betreibungsforderungen in der Höhe von insgesamt CHF 2'252.65 (Betreibungen Nr. [...], [...], [...]). In der Beschwerde nennt die Beschwerdeführerin demgegenüber Betreibungen in der Höhe von rund CHF 17'000.- sowie ein Darlehen bei C____ in der Höhe von rund CHF 42'000.-. Es bestehen somit nach Angaben der Beschwerdeführerin fällige Forderungen in der Höhe von rund CHF 14'750.-, die im Betreibungsregister nicht erfasst sind, sowie eine nicht fällige Darlehensschuld von CHF 42'000.-. Als Nachweis ihrer liquiden Mittel reichte die Beschwerdeführerin einen Auszug eines Kontokorrentkontos bei der Raiffeisenbank ein. Dieser weist die Gutschriften und Belastungen seit 1. Januar 2016 auf, nicht jedoch die jeweiligen Kontosaldi. Gesamthaft stehen Gutschriften von CHF 38'765.74 Belastungen von CHF 38'100.55 gegenüber. Daraus kann geschlossen werden, dass in den neun Monaten vor der Konkurseröffnung kein relevantes Guthaben auf dem Konto geäufnet worden ist. Liquide Mittel vermag die Beschwerdeführerin damit nicht glaubhaft zu machen. Nicht zu den liquiden Mitteln zu zählen sind das Geschäftsinventar bzw. die Forderung gegen einen allfälligen Nachmieter des Geschäftslokals, der das Inventar übernimmt. Diese stellen nicht aktuelle, tatsächlich verfügbare Mittel dar, mit denen fällige Forderungen beglichen werden können. Sie finden daher bei der Beurteilung der Zahlungsfähigkeit im engeren Sinn keine Berücksichtigung (vgl. Walder/Kull/Kottmann, a.a.O., Art. 174 SchKG N 10). Im Ergebnis macht die Beschwerdeführerin somit nicht glaubhaft, über liquide Mittel zu verfügen. Dementsprechend ist die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht in der Lage, die fälligen Verpflichtungen zu tilgen. Ihre Zahlungsfähigkeit im engeren Sinn und damit eine zentrale Voraussetzung für die Aufhebung der Konkurseröffnung ist daher nicht glaubhaft gemacht.
Es kann demzufolge dahingestellt bleiben, ob die Zahlungsfähigkeit im weiteren Sinn (Lebens- Sanierungsfähigkeit) als glaubhaft erscheint. Immerhin sei diesbezüglich festgehalten, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit per 1. September 2016 dagegen spricht.
4.
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Beschwerde sich als unbegründet erweist und daher abzuweisen ist. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 600.- zu tragen (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO, Art. 61 Abs. 1 der Gebührenverordnung zum SchKG [SR 281.35]).
Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):
://: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 600.-.
Mitteilung an:
- Beschwerdeführerin
- Beschwerdegegnerin
- Zivilgericht Basel-Stadt
- Konkursamt Basel-Stadt
- Betreibungsamt Basel-Stadt
- Grundbuch- und Vermessungsamt Basel-Stadt
- Handelsregisteramt Basel-Stadt
- Staatliche Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten Basel-Stadt
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Gerichtsschreiber
lic. iur. Johannes Hermann
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
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